Webnodes Geschäftsführer Josef Hos: Die Menschen machen die Firma, nicht der Chef

3. November 2023
Webnodes Geschäftsführer Josef Hos

Als Vorsitzender von Webnode spricht Josef Hos nicht viel über sich selbst. Zum 15-jährigen Jubiläum der Firma macht er allerdings eine Ausnahme und erzählt uns wie er sich an seine erste Zeit bei Webnode erinnert, wohin das Unternehmen steuert, vom KI-Boom, und weshalb es gerade Brünn und nicht Prag ist.

Webnode ist 15 Jahre alt, Sie sind seit 4 Jahren unser neuer Chef, wie war es für Sie soweit ?

Sehr turbulent. Ich kam von viel größeren Unternehmen, AVG und Avast, zu Webnode. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich die Rolle des CEO übernahm. Mit Vítek Vrba, der das Unternehmen damals leitete, hatte ich 2013 von Webnode erstmals erfahren und bereits über eine Zusammenarbeit mit ihm gesprochen. Vítek und ich sind seit langer Zeit befreundet, was sich auf unser Berufsleben auswirkte.

2019 habe ich ihm dann zugesagt nach Brünn zurückzukehren. Es war eine große Ehre für mich einem Brünner Unternehmen beizutreten, das ein globales Produkt entwickelt.

Im Jahr darauf wurde Webnode an einen belgischen Investor verkauft. Obwohl meine Rolle immer noch dieselbe ist, habe ich in den letzten zwei Jahren wegen des ausländischen Eigentümers und der Aktionärsgruppe natürlich anders gearbeitet. Diese Veränderung wirkt sich auch auf unsere Mitarbeiter/-innen aus. Es werden andere Anforderungen gestellt, da unser Produkt nicht mehr eigenständig ist, sondern im team.blue-Portfolio angeboten wird. Dennoch möchte ich den Start-up-Spirit und die menschenorientierte Unternehmenskultur erhalten.

Was hat Sie dazu bewogen, das Angebot von Vítek Vrba im Jahr 2019 anzunehmen?

Es war Zeit etwas Neues zu lernen, und mich einer neuen Herausforderung zu stellen. Außerdem war es für mich persönlich wichtig, nach Brünn zurückzukehren, um nach Jahren in Prag und London näher bei meiner Familie zu sein.

Hat Brünn Ihre Erwartungen erfüllt?

Das hat es, im höchsten Maße! Jeden Tag genieße ich das Gefühl, in einer Stadt zu sein, in der alles um die Ecke ist. Wenn ich mein Kind von der Schule abholen muss, bin ich in wenigen Minuten dort und kann dies zu Fuß tun. Hier ist es ruhiger, das gefällt mir. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich meine Gesundheit in Mähren sehr verbessert hat.

Was war die größte Herausforderung für Sie, nachdem Sie bei Webnode angefangen haben?

Da gab und gibt es einige. Ich bin ein introvertierter Typ, es fällt mir nicht leicht, aus mir herauszukommen, auch wenn dies die größte Motivation für meine eigene Entwicklung ist: zu versuchen, etwas Neues zu lernen, aus Fehlern zu lernen. Ich bin keine geborene Führungsperson, die schon an ihrem ersten Tag in einem Unternehmen ruft: “So soll es sein, und so werden wir es machen!”, und alle gehorchen automatisch.

Womit mussten Sie sich noch auseinandersetzen?

Dass ich an die Stelle der technologischen Götter Vítek Vrba und Ondřej Kratěna getreten bin, obwohl ich selbst kein Technologieexperte bin. Beide haben Webnode gegründet. Sie sind einige der klügsten Menschen, die ich je getroffen habe. Webnode ist ihr Kind. Sie schafften das Produkt, die Entwicklung, das Geschäft, die Finanzen und das Marketing zu konzipieren, alles zur gleichen Zeit.

Ich kam als Experte für Unternehmensanalyse, E-Commerce und teilweise Produktmanagement, aber auch als Außenstehender, als Eindringling. Die professionelle Distanz war ein Vorteil, aber alles andere war eine große Schule.

Als Sie zu Webnode kamen, hatte das Unternehmen bereits über hundert Mitarbeiter/-innen. Wie haben Sie sich Respekt verschafft?

Hierfür gibt es kein Rezept. Meine Philosophie war es immer, den Leuten zu sagen: Ihr seid das Unternehmen, nicht ich! Auch wenn ich der CEO bin, schaffe ich lediglich das Umfeld, damit ihr erfolgreich sein könnt.

Natürlich trage ich dazu bei, die Vision und die Strategie zu entwickeln, um das Unternehmen wachsen zu lassen. Deshalb habe ich als erstes die Mission von Webnode definiert, damit alle unsere Mitarbeiter/innen verstehen, was wir tun und für wen wir es tun. Das wir nicht nur ein Website-Baukasten verkaufen, sondern Menschen helfen, online erfolgreich zu sein.

Die “Job-to-be-done”-Methodik, die sich klar auf die Kundenbedürfnisse konzentriert, hilft hierbei. In meiner früheren Position nannten wir es “die Leute brauchen keine Bohrmaschine, um ein Bild aufzuhängen, wie können wir dabei helfen?”. Die Analogie für Webnode ist, dass die Leute nicht unbedingt eine Website brauchen, sie müssen online erfolgreich sein.

Was bedeutet das in der Praxis?

Schon bevor ich bei Webnode anfing, wechselten viele Webnode-Kunden/Kundinnen zu sozialen Netzwerken oder Google, weil ihnen eine solche Onlinepräsenz ausreichte. Die “Job-to-be-done”-Methode hat uns dazu gebracht, das Geschäft zu erweitern und ein umfassenderes Produkt als nur eine Website anzubieten. Das bedeutet Entwicklung von E-Commerce, Unterstützung für digitale Produkte, Integrationsmöglichkeiten und mehr.

Wir halten regelmäßig “All Hands”-Treffen ab, bei denen wir allen Mitarbeitern mit unserer Strategie und den wichtigsten Zahlen auf den neusten Stand bringen. Ich glaube, das hat auch dazu beigetragen, dass nach den großen Veränderungen, die Webnode durchlaufen hat, nicht jeder gegangen ist.

Wenn viel geschieht und Dinge sich wöchentlich ändern, wie weit im Voraus können Sie planen?

Die Zeit wird immer kürzer. Als ich bei AVG anfing, wurde die Unternehmensstrategie für fünf bis zehn Jahre festgelegt. Heute kann man zwei, vielleicht drei Jahre in die Zukunft blicken. Man muss sich mindestens einmal im Jahr hinsetzen und darüber nachdenken, ob die eingeschlagene Richtung die richtige ist und anpassungsfähig bleiben.

Geschäftsfüher Webnode Josef Hos

Webnodes Geschäftsfüher Josef Hos

Sie haben mehrere Ideen, wohin das Unternehmen gehen sollte. Wie entscheiden Sie was für Webnode sinnvoll ist?

Wir kategorisieren. Als erstes sind es Kundenwünsche – wir sammeln, was Kunden/Kundinnen im Produkt vermissen, priorisieren und setzen es um.

Zweites sind es langfristige Ziele. Mindestens einmal im Jahr sprechen wir darüber, wie wir das Geschäft von Webnode ausbauen und die Zahl der Kunden/Kundinnen erhöhen können. Hier entscheiden wir, ob wir das Entwicklungsteam zum Beispiel bitten, sich hauptsächlich mit E-Mail-Marketing zu befassen oder ob wir uns auf die Integration des Buchungssystems konzentrieren. Wir betrachten das Geschäft und technologische Entwicklung. Aktuell ist dies die Entwicklung der künstlichen Intelligenz.

Ist der Anstieg von KI eine große Veränderung für Webnode?

Es ist eine Herausforderung für den gesamten Markt und natürlich auch für Webnode.

Wie nutzen Sie KI und wie werden Webnode-Kunden/Kundinnen es nutzen?

Der Plan ist, mit Hilfe von KI maßgeschneiderte Websites für Kunden/Kundinnen zu erstellen. Nehmen wir an, einer unserer Kunden ist ein Rechtsanwalt. Dank KI muss dieser sich nicht mehr eine unserer vordefinierten Vorlagen ausarbeiten, sondern es wird ein einzigartiges Design für ihn erstellt. Eines das genau nach seinen Vorstellungen und Bedürfnissen gestaltet ist.

Wir bieten dieses Produkt bereits an. Der/die Kunde/Kundin beantwortet ein paar einfache Fragen, und die künstliche Intelligenz erstellt eine maßgeschneiderte Website, die automatisch mit Text und Bildern ausgefüllt wird. Wir planen, demnächst eine aktualisierte Version auf den Markt zu bringen.

Was ist derzeit die größte Herausforderung für Webnode?

Allgemein, die Übersättigung des Marktes. Neben kleineren Konkurrenten gibt es große Player auf dem Markt, Unternehmen wie Wix und Google Sites zum Beispiel. Die Strategie, eine einfache Webpräsenz zu erstellen, ist grundlegend, aber das Hauptanliegen der Kunden/Kundinnen ist heute die Gewinnung und Bindung ihres eigenen Kundenstammes. Bei Webnode ist uns das natürlich klar.

Deshalb konzentrieren wir uns darauf, eine Art Hub für Kleinunternehmer/-innen zu schaffen: damit sie nicht nur eine Website von uns bekommen, sondern auch eine Domain, E-Mail, E-Commerce, Marketing, ein Buchungssystem, alles auf einer Plattform, die uns wettbewerbsfähiger macht als beispielsweise Google. Wix bietet all dies, aber es ist auch wesentlich teurer und ohne leicht zugänglichen lokalen Support.

Hier unterscheiden wir uns, wir wollen ein echter und enger Partner für unsere Kunden/Kundinnen sein.

Abgesehen von der Technologie, was ist die größte Veränderung, die Webnode unter Ihrer Führung erfahren hat?

Als ich zu Webnode kam, wurde ein Großteil der Verantwortung an ein oder zwei Personen im Unternehmen übertragen, was aufgrund der Geschichte und Wachstums des Unternehmens logisch war. Nachdem die Gründer das Unternehmen verlassen hatten, musste ich das ändern.

Heute arbeiten wir in kleineren Teams, in denen die Verantwortung auf einzelne Führungskräfte verteilt ist. Mein Ziel ist es, ihnen Feedback zu geben, damit sie die meisten Dinge selbst entscheiden und umsetzen können.

Was gefällt Ihnen am besten an Webnode?

Mir gefällt die Tatsache, dass wir ein globales Produkt sind, das seine Wurzeln in der kleinen Stadt Brünn hat. Ich staune jeden Tag darüber und schätze es sehr. Es gibt nicht viele Firmen hier, die ein Produkt dieser Größenordnung entwickeln.

Was stört Sie an Webnode?

Manche Dinge sind einfach langsamer. Webnode wurde nicht geschaffen, um Risiken einzugehen. Wir stürzen uns nicht kopfüber in die Dinge; wir sind vorsichtig und als Tech-Startup eher konservativ.

Manchmal wünschte ich, wir wären flexibler, aber wer wünscht sich das nicht? Webnode wurde von Vítek und Ondra auf diese Weise aufgebaut, und das hat sich ausgezahlt. Das Unternehmen hat nie einen externen Investor gebraucht, es hatte immer einen gesunden Cashflow.

Webnodes Unternehmenskultur schreibt nicht vor, von wo aus gearbeitet wird. Wo sind Sie persönlich am liebsten?

Ich kombiniere Büro und Homeoffice. In erster Linie bin ich gerne zu Hause. Das liegt daran, dass ich introvertiert bin, wie ich bereits erwähnt habe, und dass mein Team remote funktioniert.

Unser Chief Financial Officer zum Beispiel sitzt in Boston in den USA. Demnach ist es egal, von wo aus ich mit ihm in Verbindung trete. Zu Hause bin ich ruhig, konzentriert, flexibel und produktiv. Ich sehe auch Kollegen/Kolleginnen gerne im Büro, aber für die Arbeit muss ich nur ein- oder zweimal pro Woche dort sein.

Wie nehmen Sie als Introvertierter eine Unternehmenskultur wahr, die sich auf Menschen konzentriert? Mit all den Veranstaltungen, die die Personalleiterin Zuzana Marková stattfinden lässt…

Kurz gesagt, wenn Zuzka mich bittet teilzunehmen gehorche ich – wir alle gehorchen. (Er lacht.)

Webnode ist derzeit in 34 Ländern aktiv und hat Mitarbeiter/-innen aus vielen Kulturen. Welches ist die größte geschäftliche Herausforderung?

Webnode hat seit jeher eine große Basis in Südamerika. Brasilien eines der ersten lokalisierten kostenlosen Website-Builder. Wir haben immer noch viele Kunden/Kundinnen aus dieser Zeit.

In Südamerika gibt einige Hürden zu bewältigen. Erstens haben Währungen in dort erheblich an Wert verloren, zweitens existiert eine völlig andere Art der Bezahlung, bei der man sogar ein Abendessen oder ein T-Shirt in Raten bezahlt. Unsere Jahresabonnements sind für Brasilianer/-innen oder andere südamerikanische Länder unerschwinglich, also gibt es für sie die Ratenzahlungsmethode, bei der sie die Website in drei oder sechs Raten bezahlen.

Innerhalb Europas ist Deutschland eine kleine Anomalie, wo mit PayPal oder so genannten schnellen Überweisung gezahlt wird. Das sind Besonderheiten, auf die wir uns natürlich einstellen müssen, wenn wir die Kunden/Kundinnen dort halten wollen.

Es ist der 15. Geburtstag von Webnode. Wird es noch weitere 15 Jahren geben?

Ich denke ja, aber vermutlich in einer völlig anderen Form. Im Moment gibt es große emotionale Reaktionen zu künstlicher Intelligenz. Niemand kann vorhersagen, wie die tatsächliche Entwicklung aussehen wird, und vor allem, wie sie sich auf das Geschäft niederschlagen wird.

Webnode hat den großen Vorzug, Teil von team.blue zu sein, einem großen europäischen Unternehmen, und kann so von der Zusammenarbeit profitieren. Es ist eine Partnerschaft, die uns stärkt und uns die Hoffnung gibt, dass wir bei einem großen Umbruch in der Online-Welt nicht untergehen werden.

Was möchtest du Webnode zu seinem 15-jährigen Bestehen wünschen?

Ich wünsche mir, dass Webnode weiterhin ein großartiger Ort für Menschen ist, die gerne ein Produkt für ihre Kunden/Kundinnen erstellen. Mögen sie immer noch daran Spaß haben, jung und unverwüstlich sein.

Interessiert an mehr Geburtstagsnachrichten? Dann lese Chronik von Webnode durch.